Urteile
BFH, Urteil vom 26.07.2023 – II R 35/21
Schenkungsteuer: Wertfeststellung eines Grundstücks bindend
Unrichtigkeit des Grundstückswerts später nicht mehr anfechtbar
Wird für Zwecke der Schenkungsteuer der Wert eines Grundstückes festgestellt, sollte der Beschenkte sich sogleich gegen die Feststellung wenden, wenn er sie für zu hoch hält. Bei weiteren Schenkungen innerhalb des Zehnjahres-Zeitraums wird sonst die erste Schenkung laut BFH immer mit jenem Wert angesetzt.
Der Bundesfinanzhof erklärte, der festgestellte Wert sei dann nicht nur der Schenkungsteuerfestsetzung zugrunde zu legen, für die er angefordert worden sei. Vielmehr gelte er auch für alle nachfolgenden Schenkungsteuerfestsetzungen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren, die mit der Grundstücksschenkung zusammenzurechnen seien.
Halte der Steuerpflichtige den festgestellten Grundstückswert für zu hoch, müsse er sich sogleich gegen die Feststellung wenden. Tue er dies nicht und werde der Bescheid über den festgestellten Wert bestandskräftig, könne er die Unrichtigkeit bei den nachfolgenden Schenkungsteuerfestsetzungen nicht mehr mit Erfolg geltend machen.
(Redaktion beck-aktuell, 12. Okt 2023)
BGH, Beschl. v. 22.06.2021 – VIII ZR 26/20
Was zur Wohnfläche gehört, kann auch von individuellen Vereinbarungen im Mietvertrag abhängen.
Eine Bonner Vermieterin forderte von ihren Mietern mehr Miete. Im Mieterhöhungsverlangen ging sie von 177 Quadratmetern (qm) Wohnfläche aus. Zur Wohnfläche gehörten laut Mietvertrag Zimmer im „Erdgeschoss, im Unter- und Zwischengeschoss“, insgesamt ca. 180 qm.
Die Mieter wandten ein, die tatsächliche Wohnfläche betrage nur 144,5 qm. Die Kellerräume, in die kaum Licht falle, zählten nicht dazu — die seien als Wohnraum gar nicht zulässig. Daher sei die Mieterhöhung nicht gerechtfertigt. Vielmehr müsse ihnen die Vermieterin umgekehrt zu viel gezahlte Miete zurückzahlen, insgesamt 47.500 Euro.
Doch das Landgericht Bonn gab der Vermieterin Recht: Hier gehe es nicht um einen Mietmangel. Denn in § 1 des Mietvertrags stehe, dass die Zimmer in allen drei Stockwerken „als Wohnräume“ vermietet werden. Das gelte also auch für die Kellerräume. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil (VIII ZR 26/20).
Dass die — nach objektiven Kriterien ermittelte — tatsächliche Wohnungsgröße von der Angabe im Mietvertrag wesentlich abweiche, begründe im konkreten Fall keinen Mangel der Mietsache. Mietparteien könnten individuell festlegen, wie sie die Wohnfläche definierten. Hier sei vertraglich vereinbart worden, dass auch die schlecht beleuchteten Kellerräume als Wohnräume vermietet würden.
Daher zählten sie zur Wohnfläche, obwohl man sie bei einer Berechnung der Wohnungsgröße gemäß „Wohnflächenverordnung“ nicht berücksichtigen dürfte. Die Mieter hätten die Kellerräume im Übrigen ja auch als Wohnräume eingerichtet und genutzt. Da der von ihnen beanstandete Mietmangel (d.h. eine kleinere Wohnfläche als im Mietvertrag angegeben) nicht bestehe, hätten sie auch keinen Anspruch auf Rückzahlung.
Daran ändere auch das Argument nichts, die Räume im Kellergeschoss seien als Wohnraum nicht genehmigungsfähig und würden nur als Gästezimmer benützt. Solange die Baubehörde die Nutzung als Wohnraum nicht verbiete, hätten die Mieter nicht das Recht, wegen fehlender Nutzungsmöglichkeit der Kellerräume die Miete zu kürzen.
BGH Urteil vom 28.5.2021 (Az.: V ZR 24/20 ):
Wenn ein Haus teilweise in Schwarzarbeit hergestellt und danach verkauft wurde, kann der Käufer allein aus diesem Grund keine Mängelhaftung geltend machen, wenn später Baumängel festgestellt werden.
„Die gesetzlichen Bestimmungen zur Schwarzarbeit befassen sich lediglich mit Tatbeständen der sozialversicherungs-, steuer- und gewerberechtlichen Rahmenbedingungen von Dienst- und Werkleistungen und besagen erst recht nichts darüber, ob die vereinbarte Leistung wie vorgesehen erbracht worden ist oder nicht“ (Auszug aus der Begründung des Urteils, Rn. 12).
Amtlicher Leitsatz 3:Das Grundstück ist nicht allein deshalb mangelhaft, weil bei der Errichtung eines auf ihm stehenden Gebäudes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen wurde.
BGH, Beschl. v. 17.5.2017— VII ZR 36/15 (OLG Naumburg)
Gebot der Auseinandersetzung mit Privatgutachten
1. Der Tatrichter hat Einwendungen einer Partei gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen zu berücksichtigen. Er ist verpflichtet, sich mit von der Partei vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich hieraus ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergeben kann. Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen hat er von Amts wegen nachzugehen und in diesem Rahmen gegebenenfalls auch ein weiteres Gutachten einzuholen (so auch BGH, DS 2011, 211= NJW-RR 2011, 609).
2. Das Gericht ist gehalten, sich mit den Streitpunkten zwischen dem gerichtlichen Sachverständigengutachten und dem Privatgutachten sorgfältig und kritisch auseinanderzusetzen und die Streitpunkte zu würdigen. Insbesondere hat es zu begründen, warum es einem von ihnen den Vorzug gibt (so auch BGH, BeckRS 2010, 04928). (Leitsätze der Redaktion des DS)
(Der Sachverständige 10/2017, S 259ff)
OLG Hamm zu Urt. 02.03.2017 – 22 U 82/16
Angabe späteren Baujahres in notariellem Vertrag rechtfertigt Rückabwicklung eines Hauskaufs
Der Käufer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks kann die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen, wenn das Wohnhaus nicht – wie im notariellen Vertrag vereinbart – 1997 errichtet wurde, sondern zwei Jahre älter ist. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 02.03.2017 entschieden. Es handele sich um einen erheblichen Sachmangel (Az.: 22 U 82/16).
Die Angabe des Baujahres im Kaufvertrag stelle eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Nach ihr hätten sich die Kläger darauf verlassen dürfen, dass das Haus dem technischen Standard des vereinbarten Baujahrs 1997 entsprach. Tatsächlich sei das Haus bereits im ersten Quartal 1995 bezugsfertig gewesen.Für diesen Mangel müsse die Beklagte einstehen. Der vertraglich vereinbarte Ausschluss einer Sachmängelhaftung gelte nicht für eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache.
(Nachrichten der beck-aktuell-Redaktion vom 27. März 2017)